Photovoltaikanlage

Es spukt wie ein Gespenst durch die Republik – das Gerücht, die Feuerwehr könne einen Hausbrand nicht bekämpfen, wenn sich auf dem Dach eine Photovoltaikanlage befindet. Im schlimmsten Fall behauptet man an Stammtischen: „Da lassen die dein Haus nur noch kontrolliert abbrennen.“ Adolf Fleck von der Landesfeuerwehrschule Baden- Württemberg widerspricht da energisch: „Daß wir dann nicht löschen, das ist dummes Zeug!“

Auch Gerold Weber, Fachmann für Solaranlagen, kämpft gegen diese Vorurteile. Er hat das Führungspersonal der Feuerwehr im Ortenaukreis (Baden- Württemberg) über die Funktion von Solaranlagen aufgeklärt und sieht gar keinen Grund, warum Feuerwehrleute nicht in ein Haus vordringen sollten, auf dessen Dach Solarstrom gewonnen wird. Richtig sei, daß die Kabel vom Dach in den Keller eine gefährliche Gleichspannung führen und es derzeit keine technische Möglichkeit gibt, sie spannungsfrei zu schalten. „Die Kabel sind aber im Normalfall sauber und ordentlich nach VDE-Vorschriften in nicht brennbaren Kabelkanälen verlegt“, erklärt er. Es sei nicht realistisch, daß sie bei einem Brand blank von der Decke hängen und einem Feuerwehrmann einen elektrischen Schlag versetzen.

Vorsicht ist geboten Denkbar sei ein Stromschlag über den Löschwasserstrahl, so Gerold Weber. Doch diese Gefahr kennen Feuerleute genau. Sie halten generell einen Sicherheitsabstand zu Teilen, die unter Spannung stehen könnten. Setzen sie einen Sprühstrahl ein, genügt 1 m Abstand, beim Vollstrahl aus dem Strahlrohr sind 5 m vorgeschrieben. Daß Splitter von geborstenen Glas- Abdeckungen der Solarzellen vom Dach regnen, ist nach Auffassung des Experten eine wesentlich größere Gefahr. Sicherheitsabstände von der Dachkante einzuhalten sei daher besonders wichtig. „Das Tragen von Schutzbrillen ist sehr sinnvoll.“

Notausschalter an der Anlage? „Das ist ein spannendes Thema“, erklärt Michael Wegel, Kommandant der Feuerwehr Achern (Ortenaukreis, Baden-Württemberg). In den vergangenen 2 Jahren beschäftige man sich intensiv damit. Schon in der Grundausbildung, wenn es um die Gefahren der Elektrizität geht, werden die Gefahren allen Feuerwehrangehörigen bewußt. Die Einsatzkräfte werden also beim Brand einer Photovoltaikanlage nicht zurückhaltender, sondern lediglich vorsichtiger vorgehen. Bei manchen Einsätzen kann nur aus dem Inneren eines Gebäudes heraus gearbeitet werden, da die Photovoltaikanlage ein Erkennen und Löschen des Brandes von außen, z. B. über eine Drehleiter, fast unmöglich macht. Kann es für Eigentümer großer Anlagen sinnvoll sein, vorsorglich mit der Feuerwehr einen Einsatzplan zu erarbeiten? In Baden-Württemberg stellen größtenteils ehrenamtliche Kommandanten und Feuerwehrleute den flächendeckenden Brandschutz sicher. Nur in Großstädten gibt es Berufsfeuerwehren und in wenigen Städten einige hauptamtliche Feuerwehrkräfte. Eine Vorab-Begehung, so wünschenswert und sinnvoll sie wäre, ist deshalb alleine schon aus Zeitgründen nicht flächendeckend leistbar.

Sind die Feuerwehren ausreichend informiert und geschult? Schon in der Grundausbildung werden die Gefahren der Elektrizität behandelt. Zur Information und Schulung gibt es inzwischen auch eine Feuerwehreinsatzkarte, in der die Gefahren und Handlungsmöglichkeiten beschrieben sind. Weiterhin gibt es zunehmend Hinweisschilder, die die Einsatzkräfte auf eine vorhandene Photovoltaikanlage aufmerksam machen. Sind bei größeren Gebäuden baurechtlich vorgeschriebene Feuerwehrpläne vorhanden, dann müssen die Photovoltaikanlagen hier eingezeichnet werden. Zahlenmäßig dürften allerdings die meisten Photovoltaikanlagen auf Privatgebäuden installiert sein. Hier gibt es keine Vorgaben, irgendwelche Pläne vorzuhalten. Es ist aber sicher im Interesse desEigentümers, der Feuerwehr im Einsatzfall Informationen zur Verfügung stellen zu können. Eine schematische Skizze mit dem Verlauf der Leitundes Gleichstroms bei Solarstromanlagen besprochen. Vier bis fünf Einsätze mit Beteiligung von Solaranlagen hatte er bereits. Unerfreulich sei es, wenn ein Einsatz bei Nacht beginne und zunächst niemand merke, daß sich auf dem Dach Module befinden. Michael Wegel wünscht sich da durchaus den Notschalter, mit dem sich der Strom abschalten läßt. Doch bisher sei er nicht gesetzlich vorgeschrieben. „Ich befürchte, das rüstet freiwillig keiner nach, weil das ja Geld kostet“, so der Kommandant. „Der Notaus-Schalter wird nicht kommen.“ Diese Voraussagewagt Solartechnik- Experte Gerold Weber. Wenn keine Fälle von Stromschlägen passieren, könne man darauf auch verzichten, meint er und erinnert an Überlegungen, die es vor Jahrzehnten in Zusammenhang mit Ölheizungen gab. Jede Ölheizung bekam eine Vorrichtung, um im Notfall den Zufluß zum Brenner unterbrechen zu können. Man stellte sich vor, den Hebel mittels Seil nach draußen zu führen, um im Brandfall von dort die Leitung schließen zu können. Eine Vorschrift sei daraus nie geworden. Den Gefahren durch Ölheizungen im Brandfall wisse man trotzdem zu begegnen. Dasselbe gelte für Solaranlagen. Vor-Information hilft Reinhard Kirr, Leiter des Amtes für Brand und Katastrophenschutz im Ortenaukreis (Offenburg, Baden-Württemberg):

Wie wirkt sich eine Photovoltaikanlage im Brandfall auf den Feuerwehreinsatz aus? Grundsätzlich birgt jeder Einsatz eine Reihe von Gefahren. Unsere Einsatzleiter werden darauf geschult, die Gefahren einer Einsatzstelle zu erkennen und ihre Mannschaft so einzusetzen, daß möglichst keine Unfälle passieren. Ein gewisses Risiko bleibt allerdings immer. Dies ist gen und Angaben zu Besonderheiten kann helfen. Ein gutes Muster einer Infokarte hat die Freiwillige Feuerwehr Filderstadt entwickelt: www.feuerwehr-filderstadt.de. Gefahren im Brandfall auf einen Blick Die Gleichspannung von bis zu 1000 Volt an den Leitungen vom Dach zum Wechselrichter liegt immer an, wenn Licht auf die Photovolaikelemente fällt. Sie läßt sich in der Regel nicht ausschalten. Das Abdecken der Anlagen mit Planen oder mit Schaum ist nicht geeignet, die Spannung zu unterbrechen. An freiliegenden Kabeln droht ein Stromschlag. Wird ein gleichstromführendes Kabel getrennt, oder berühren sich die Leiter nach dem Durchschmelzen der Isolierung, entsteht ein Lichtbogen. Er bleibt anders als bei Wechselstrom längere Zeit stehen. Die Feuerwehr muß den Bereich eines Lichtbogens speziell absichern. Ist ein Dach großflächig mit Solarmodulen belegt, kann die Feuerwehr einen Brand im Dachstuhl möglicherweise nicht von außen löschen. Die unter Spannung stehenden Module versperren den Weg. Die Hitze eines Feuers kann die Kunststoff-Folie in den Solarmodulen zum Schmelzen und das Sicherheitsglas zum Bersten bringen. Giftige Dämpfe und scharfkantige Splitter gefährden die Einsatzkräfte. Was Hausbesitzer beachten sollten Eine Anlage zur Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie sollte nur von Fachleuten installiert und nicht in Eigenarbeit aufgebaut werden. Wenn alle VDE-Vorschriften eingehalten werden, ist die Gefahr eines Stromschlags für die Einsatzkräfte gering. Wenn die Feuerwehr wegen eines Hausbrandes anrückt, sollte der Einsatzleiter über die Solaranlage auf dem Dach informiert und der Sitz des Wechselrichters gezeigt werden. Dort sollte eine Skizze hinterlegt sein, wo die Leitungen vom Dach zum Wechselrichter verlegt wurden. Von einer Solarthermie-Anlage zur Erzeugung von warmem Wasser gehen weniger Gefahren aus. Sie führen keinen Strom, sondern warmes bzw. heißes Wasser in Leitungen durch das Haus und behindern wegen ihrer meist geringeren Größe auch nicht die Löscharbeiten per Drehleiter von oben.

Photovoltaik auf dem Dach: Verhalten bei einem Brand Solarmodule stürzen im Brandfall in der Regel nicht vom Dach. Glassplitter und Dämpfe aus geschmolzenen Kunststofffolien gefährden jedoch die Feuerwehrleute. An diesem Wechselrichter ist der DC-Freischalter an der Unterseite auffallend rot. Mit ihm läßt sich die Einspeisung von Strom ins öffentliche Netz unterbrechen. Der Gleichstrom von den Solarmodulen zum Wechselrichter steht aber weiterhin an.

Von Michaela Gabriel – © Computern im H@ndwerk